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Lernen lernen

Tiroler Wirtschaft, November 2023

Kompetenzen entwickeln. Qualität bei Produkten und Dienstleistungen setzt entsprechende Qualifikationen der Mitarbeiter:innen voraus. Dafür ist ein ständiger Lernprozess erforderlich. Eine Studie befasst sich damit, wie Betriebe die passenden Voraussetzungen dafür schaffen.

Alle reden vom „lebenslangen Lernen“. Das kommt nicht von ungefähr: Die Anforderungen der Kundinnen und Kunden ändern sich laufend – und damit die Produkte und Dienstleistungen. Damit es heimischen Betrieben gelingt, ständig am Puls der Zeit zu sein, müssen Führungskräfte und Mitarbeiter:innen kontinuierlich ihre Kompetenzen weiterentwickeln. Dafür ist ein Lernprozess nötig, der nicht dem Zufall überlassen ist, sondern bewusst gesteuert und gefördert wird. Schulungen allein nützen wenig, wenn sie bei den Mitarbeiter:innen nicht wirklich ankommen und die Anwendung in der Praxis verfehlen. „Kurz gesagt: Es geht darum, Lernen neu zu lernen. Anleitungen und Tipps dazu gibt es vor allem für den schulischen Bereich. Lernen in Betrieben folgt jedoch völlig anderen Gesetzmäßigkeiten“, erklärt der Leiter des WK-Bildungsconsultings, Wolfgang Sparer.

Melanie Reich hat sich in ihrer Diplomarbeit am Institut für Strategisches Management der Linzer Johannes Kepler Universität mit den Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung von agilem Lernen in Unternehmen befasst. Das Hauptziel der Studie ist die Beantwortung folgender praxisnaher Frage: „Welche Faktoren ermöglichen beziehungsweise begünstigen eine erfolgreiche Umsetzung von agilem Lernen in Unternehmen?“ Mit der Berücksichtigung von Grundregeln, die in der Diplomarbeit erläutert werden, ist eine Steigerung der Lerneffizienz möglich. Diese Steigerung kann genau der Faktor sein, um der Konkurrenz einen entscheidenden Schritt voraus zu sein. Das führt in der Folge dazu, dass Produkte, Dienstleistungen, Beratung und Service näher an die Kundinnen und Kunden rückt und die Stellung der Firma am Markt verbessert wird. Vor allem in Branchen mit vergleichbaren Angeboten kann dadurch ein Alleinstellungsmerkmal entstehen. Es zahlt sich also aus, einen Blick darauf zu werfen, wie sich Lernprozesse im Betrieb optimieren lassen. Melanie Reich bietet Einblicke und Handlungsempfehlungen für Entscheidungsträger, Manager, Berater und Führungskräfte, die den Weg zu agilen Lernprozessen in ihren Unternehmen einschlagen möchten.

Zu Beginn ihrer Studie definiert die Autorin zunächst den Begriff des agilen Lernens im unternehmerischen Bereich. Es handelt sich dabei um ein Lernkonzept, das sich vom agilen Arbeiten ableitet und auf arbeitsplatzbezogene Handlungskompetenzen abzielt. Dabei erfolgt das Lernen arbeitsplatznah und in aufeinander aufbauenden Schritten, immer in Wechselwirkung mit den Arbeitsphasen. „Diese Form des Lernens ermöglicht eine flexible Anpassung von Themen und Inhalten an die aktuellen und zukünftigen Aufgaben im Betrieb. Anders gesprochen: Das Lernen orientiert sich eng an den Anforderungen des Unternehmens und gerät daher weniger in Gefahr, in eine theoretische und anwendungsferne Richtung abzudriften“, betont Melanie Reich.

Die Untersuchung widmet sich entscheidenden Faktoren, die den Erfolg agilen Lernens in Unternehmen beeinflussen können. Diese Faktoren können in drei Ebenen unterteilt werden: Lernende, Begleitpersonen und Unternehmenskontext.

Ebene 1: Die Lernenden
Agiles Lernen beginnt bei den Lernenden selbst. Sie müssen bestimmte Voraussetzungen mitbringen, damit die Anstrengungen des Unternehmens auf fruchtbaren Boden fallen. Um agil lernen zu können, benötigen die Lernenden zum einen Fähigkeiten wie Selbstwahrnehmungs-, Analyse-, Organisations-, Selbstreflexions- und Evaluationsfähigkeiten, die unter dem Begriff Selbstlernfähigkeiten zusammengefasst werden können. Zum anderen muss die Bereitschaft und die Motivation agil zu lernen, gegeben sein, da den Lernenden beim agilen Lernen mehr Eigeninitiative für ihre Entwicklung abverlangt wird als bei herkömmlichen fremdgesteuerten Weiterbildungsformaten. Hier geht es um Faktoren wie die Freude am Lernen, Verständnis und Akzeptanz für das agile Lernen sowie positive Lernerfahrungen. Vertrauen und Offenheit, ein Dialog auf Augenhöhe und wechselseitiger Wissensaustausch begünstigt die Umsetzung agilen Lernens in Unternehmen.

Ebene 2: Die Begleitpersonen
Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Verankerung agilen Lernens in Unternehmen. Durch das Bereitstellen von Ressourcen, das Gewähren von Freiräumen, die Wirkung als Vorbild sowie fachinhaltliche Unterstützung tragen sie maßgeblich zum Gelingen bei. Ebenso ist die Personalentwicklung ein wichtiger Akteur, insbesondere bei einer großflächigen Umsetzung. Sie fördert Unternehmenskultur und Lerninfrastruktur, unterstützt methodisch-didaktisch Lernende und Führungskräfte. Der Faktor „Zusammenspiel der Lernprozessbeteiligten“ ist als ebenenübergreifend zwischen Ebene 1 und Ebene 2 zu verstehen - sprich, zwischen den Lernenden und den Begleitpersonen.

Ebene 3: Das Unternehmen
Wenn die Bereitschaft und die Fähigkeiten seitens der Lernenden (Ebene 1) und eine entsprechende Begleitung (Ebene 2) vorliegen, braucht es schließlich als dritte Ebene noch eine positive Grundhaltung gegenüber agilem Lernen im Unternehmen selbst. Hier müssen ein begünstigendes Lern-Klima sowie die entsprechenden Ressourcen vorliegen, um die ersten beiden Ebenen zur Wirkung zu bringen. Das ist dann der Fall, wenn (agiles) Lernen in der Strategie verankert ist und entsprechende operative Maßnahmen gesetzt werden. Eine lernförderliche Unternehmenskultur, geprägt von Offenheit, Transparenz, Vertrauen und einer positiven Lernund Fehlerkultur, begünstigt agiles Lernen. Die lernförderliche Arbeitsgestaltung, die vollständige Handlungen, angemessene Problem- und Komplexitätserfahrungen, zeitliche und inhaltliche Handlungsspielräume sowie die Integration des Lernens in den Arbeitsalltag und Mitgestaltungsmöglichkeiten umfasst, wirkt sich ebenfalls positiv aus. Zudem ist für eine erfolgreiche Umsetzung agilen Lernens in Unternehmen eine ausreichende Verfügbarkeit von Ressourcen erforderlich – in zeitlicher, räumlicher, technischer, personeller und finanzieller Hinsicht.

Leitfaden für Entscheidungsträger:innen
Es sind somit drei Ebenen mit insgesamt 9 Faktoren, die eine positive Wirkung auf agiles Lernen ausüben. Mit diesen Voraussetzungen schaffen Betriebe den Raum für eine sehr innovative Art des Lernens. Die Diplomarbeit bietet konkrete Handlungsempfehlungen für jene, die agiles Lernen in ihrem Unternehmen umsetzen möchten. Die Förderung von Selbstlernfähigkeiten, die Unterstützung durch Führungskräfte und die Personalentwicklung sowie die Schaffung einer lernförderlichen Unternehmenskultur und sind die Schlüsselfaktoren. Die Studie kommt zudem zum Ergebnis, dass es lohnenswert ist, agiles Lernen auszuprobieren, selbst wenn nicht alle Faktoren von Anfang an gegeben sind. Und: Sie bietet auch kleinen Betrieben einen soliden Rahmen, agiles Lernen umzusetzen.

Die Zukunft der Arbeit erfordert Anpassungsfähigkeit und kontinuierliches Lernen. Unternehmen, die diese Prinzipien in ihre DNA integrieren, werden nicht nur eher den aktuellen Herausforderungen gewachsen sein, sondern erhöhen auch ihre Chancen, langfristig erfolgreich zu agieren. Agile Lernprozesse sind nicht nur ein Schlagwort, sondern eine strategische Investition in die Zukunft der Unternehmensentwicklung“, betont Studienautorin Melanie Reich.

Weitere Informationen finden Sie in den Publikationen.

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