QUALIFIZIERTE ZUWANDERUNG. Der Welcome Service Tirol unterstützt internationale Fachkräfte und ihre Familien beim Start in das Leben und Arbeiten in Tirol. Damit leistet die Initiative einen direkten Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels.
Aktuell wird eine Herausforderung für die Betriebe wieder akut, die selbst während der Pandemie nie ganz verschwunden war: der Fachkräftemangel. Nach realistischen Erhebungen fehlen allein in unserem Bundesland rund 30.000 Arbeits– und Fachkräfte. Bei sämtlichen Umfragen der Wirtschaftskammer unter Tiroler Betrieben liegt der Fachkräftemangel mit Abstand auf Platz 1. Das liegt daran, dass Unternehmen immer Wertschöpfungsketten sind. Kann eine Stelle nicht besetzt werden, wirkt sich das auf den ganzen Betrieb aus. Neben einer Qualifizierungsoffensive, der Nachjustierung der Zumutbarkeitsbestimmungen und der Einbindung von Frauen und älteren Personen in den Arbeitsmarkt kommt der qualifizierten Zuwanderung eine ganz besondere Bedeutung zu. Abgesehen von rechtlichen Rahmenbedingungen wie schnelleren Verfahren und formalen Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Card rückt hier ein Kriterium besonders in den Vordergrund: Wer für ausländische Fachkräfte attraktiv sein will, muss diese auch entsprechend willkommen heißen. Mit dem in der Standortagentur verankerten Welcome Service Tirol zeigt Tirol auf professionellem Level vor, was damit in der Praxis gemeint ist. Davon können auch Betriebe und andere Institutionen lernen und damit dazu beitragen, ausländische Arbeitskräfte in die heimische Wirtschaft zu integrieren.
Professionelle Willkommenskultur
Mit dem Welcome Service Tirol starteten die Kooperationspartner Land Tirol, Wirtschaftskammer Tirol, Industriellenvereinigung Tirol und die Tiroler Hochschulkonferenz im Jahr 2019 eine Initiative, um den Bedarf an Schlüsselkräften zu decken. Das Ziel des Welcome Service ist es, die Tiroler Unternehmen und Hochschulen dabei zu unterstützen, neu angeworbene Fachkräfte und ihre Familien bestmöglich bei ihrem Start im Lebensraum Tirol zu unterstützen. Das ist wichtig, um sich im internationalen Wettbewerb um das Fachpersonal durchzusetzen. Als Konkurrenz für heimische Fachkräfte sieht sich die Initiative definitiv nicht: In erster Linie soll der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften mit heimischen Arbeitnehmern gedeckt werden. Wo es Lücken gibt, sollen diese mit einen kontrollierten Zuzug an qualifizierten, internationalen Fachkräften geschlossen werden. Die Welcome-Servicestelle entlastet und unterstützt alle Tiroler Betriebe, insbesondere aber kleinere und mittlere Unternehmen, die nicht über die nötigen Ressourcen verfügen, um eigene Anlaufstellen in dieser Qualität zu installieren.
Schlüsselkräfte als zentrale Standortfrage
Die Tiroler Wirtschaftskammer hat den Welcome Service Tirol mitinitiiert und unterstützt diesen auch finanziell, da die heimische Wirtschaft Fachkräfte braucht, die eine hohe Qualifikation mitbringen. „Wir erwarten uns, dass der Arbeitsplatz Tirol damit seine Attraktivität international gut vermarktet und die Kinder und Partner der Fachkräfte ebenfalls Interesse am Lebensraum Tirol finden“, betont Christoph Walser, Präsident der Wirtschaftskammer Tirol. Die Wirtschaftskammer verfügt bereits über eigene Services für diese Zielgruppe, etwa das Bildungsconsulting oder die Außenwirtschaft. Eine gemeinsame Anlaufstelle mit erweiterter Betreuung trägt jedoch maßgeblich zur Anziehungskraft unseres Standortes bei, so Walser. Um die optimale Verknüpfung sicherzustellen, vertritt der Leiter des Bildungsconsultings, Wolfgang Sparer, die Wirtschaftskammer im Beirat des Welcome Service Tirol. Für ihn ist die Attraktivität für Schlüsselkräfte eine zentrale Standortfrage: „Hier machen sich personelle Lücken besonders deutlich bemerkbar und haben negative Auswirkungen auf nachgelagerte heimische Arbeitsplätze.“
Bildungsconsulting: Screenen, beraten, weiterentwickeln
Das Bildungsconsulting kann seinerseits dazu beitragen, damit die Passung von mitgebrachten Qualifikationen und den Anforderungen des heimischen Arbeitsmarktes optimiert wird. „Wir sind mit unseren Experten und Instrumenten in der Lage, ausländische Fachkräfte einem Screening zu unterziehen“, erklärt Wolfgang Sparer. Das bedeutet, dass die vorhandenen Qualifikationen unabhängig von formalen Kriterien erfasst und eingeordnet werden. Daran anschließend erfolgt eine Bildungsberatung, um allfällige Umschulungsmöglichkeiten und Maßnahmen zur Weiterqualifizierung zu erarbeiten. Damit können bereits vorhandene Kompetenzen punktgenau weiterentwickelt werden und der für die jeweilige Fachkraft und ihren zukünftigen Arbeitgeber bestmögliche Weiterbildungsweg aufgezeigt werden.
Betriebliche Vielfalt bereichert
Unterschiedliche kulturelle Voraussetzungen führen häufig zu internen Spannungen. Der beste Welcome Service nützt nichts, wenn im Betrieb selbst nicht ebenfalls die „Hausaufgaben“ gemacht werden. Es gilt, kulturell bedingte Hürden im täglichen Umgang, rechtliche Probleme oder Verständigungsschwierigkeiten offen anzusprechen und Schritt für Schritt aufzulösen. Aufgrund der aktuellen Ereignisse in der Ukraine stehen einige Firmen auch vor der Herausforderung, Geflüchtete bestmöglich in das Arbeitsleben zu integrieren. Mehr Vielfalt im Unternehmen ist bereichernd für alle, schafft Toleranz und stärkt den Zusammenhalt – aber nur, wenn sämtliche Mitarbeiter mit Information und Kommunikation bei dieser Mission mitgenommen und eingebunden werden. Die besten Erfahrungen haben Unternehmen gemacht, die auf die Vielfalt eingehen, aber gleichzeitig einen allgemeinverbindlichen Rahmen schaffen, an den sich alle halten müssen. In diesem Zusammenhang geht es beispielsweise um Sprachförderung oder die Benennung von Paten, die bei der Integration behilflich sind. Fachliche Lücken können durch gezielte Bildungsmaßnahmen geschlossen werden.
Wichtiger Mosaikstein
Qualifizierter Zuzug kann nicht den gesamten Fachkräftemangel auflösen. Aber er ist ein wichtiger Mosaikstein in dieser Frage. Denn eines steht fest: Ohne Zuwanderung entstehen in verschiedenen Branchen massive Personallücken, die Abläufe bremsen und die Abwicklung von Aufträgen verhindern. Im Gegensatz dazu ergibt sich mit einer entsprechenden Willkommenskultur und gezielten Weiterentwicklungsmaßnahmen ein wichtiger Beitrag, um die Problematik zu entschärfen und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Tirol zu erhöhen.
Weitere Infos
www.welcomeservice.tirol